Schon kurz nach Beendigung des 1. Weltkriegs tauchten die ersten Nachahmungen von Reservistenkrügen auf. Bei den frühesten Kopien von Reservistenkrügen handelt sich um ungewöhnlich hohe Porzellankrüge mit einem Porzellandeckel, welcher von einem Zinnrand eingefasst ist und als Abschluss mit einer Deckelfigur verziert ist. Die Gesamthöhe der Kopie beträgt 38 cm, der Krugkörper ist 26,5 cm hoch. Der abgebildete Reservistenkrug trägt folgende Inschriften: 1. Bayer. Art. Regt. München 1906 – 09, Erinnerung a. m. Dienstzeit und 2 rückseitige Namensleisten. Es fehlt aber der Name des Kruginhabers.
Im Medaillon auf der Frontseite ist Kaiser Wilhelm II. abgebildet. Darunter ist eine breite Szene mit einem bespannten Artilleriezug vor der Silhouette der Kaserne und der Frauenkirche. Auf der linken oberen Bildseite reicht eine junge Frau einem Reiter einen Krug (Beschreibung: Mein erster Angriff) und auf der rechten oberen Seite nimmt ein Reiter Abschied von einer weinenden jungen Frau (Beschreibung: Behüt Dich Gott es wär zu schön gewesen).
Die Wülste über und unter dem Bildteil sind mit Soldatenszenen und den Flaggen von Deutschland und Bayern bemalt. Ein großes Durchscheinbild im Krugboden zeigt König Ludwig II. Den Drücker ziert ein stehender bayr. Löwe mit Rautenschild. Im Krugboden ist außen noch der Hersteller „Josef Obermaier Porzellanmanufaktur“ vermerkt. Diesen Krugtyp gibt es auch noch von anderen Regimentern aber er wird nur selten angeboten.
Weitere Kopien von Reservistenkrügen und anderen Reservistenandenken tauchen dann erst nach dem 2. Weltkrieg auf. Da die amerikanischen GI’s großes Interesse an Reservistensachen zeigten und deshalb eine entsprechende Nachfrage vorhanden war, begannen einige Firmen mit der Herstellung von Kopien. Manche dieser Kopien sind so gut gemacht, dass selbst der Fachmann genauestens hinschauen muss um die Kopie zu erkennen.
1.) Durchscheinbild / Lithophanie bei Porzellan Krug Kopien
Das Durchscheinbild mit einer erotischen Szene oder einer halbnackten Frau oder mit einem Soldat, welcher einen Blumenstrauß überreicht ist typisch für eine nicht zeitgenössische Darstellung. Gerne wird auch das Portrait vom Bayernkönig Ludwig II. als Bodenbild bei Kopien verwendet.
2.) Die Form des Krug Henkels
Ein einfaches Erkennungsmerkmal für eine neuzeitliche Krug Form ist eine Ausbuchtung auf der Innenseite des Krug Henkels. Früher waren alle Henkel innen glatt.
3.) Der Name des Reservisten
Bei identischen Reservistenkrug Kopien ist auch oft auch der Name gleich, sodass damit schnell eine Identifizierung als Kopie durchgeführt werden kann. Weitere Infos sind im Kapitel „Regimentsbezeichnungen bei Kopien“ zu finden. Die am häufigsten aufgetauchte Kopie eines Porzellan Reservistenkrugs ist bezeichnet mit Josef Naneder, 16. Inf. Rgt. „Großherzog Ferdinand v. Toskana“ 9. Komp. Passau 1909/1911. Eine besonders gute Kopie existiert vom Porzellan Reservistenkrug „Reservist Bruner“, 1. Esk. 2. Brandenb. ULAN: Regt: Nr. 11, Saarburg, 1905 -08 (Fa. Gerz)
4.) Der Krugdeckel
Neue Krugdeckel haben innen und außen die gleiche dunkle Farbe, da der Deckel in Säure getaucht wurde um eine alte Patina vorzutäuschen. Bei Marinekrügen wird gerne ein neuer Pionierdeckel eines stehenden Soldaten mit Anker und Pike montiert.
5.) Der Drücker
Bei vielen Reservistenkrugkopien wird der flache badische Greif als Drücker verwendet. Sollte der Reservistenkrug nicht von einem badischen Regiment stammen ist auch hier äußerste Vorsicht geboten.
6.) Regimentsbezeichnungen bei Kopien
Manche Kopien haben Phantasiebezeichnungen von Regimentern oder auch originale Bezeichnungen. Davon eine kleine Zusammenstellung, welche Sie selbst ergänzen können, denn jeden Tag werden im Internet mehrere Kopien angeboten.
- „Marine Luftschiffer Tondern“,
- „Reserve vom Ostseestrand“,
- „SMS Kanonenboot Prinz Adalbert 05 – 08,
- Fliegergeschwader Freih. V. Richthofen
- „Garde-Kavall. Batt. München 1907 – 10“,
- Bayer. Funker-Bat. Nr. 1 (Augsburg) 1902-05
- K. Bayer. Luftschiffer – Abteilung 1906/08 München, Drücker = preuß. Adler, Litho = Girl
- 1. Esk. 3. Bayr. Chevauleger Regmt. Herzog Karl Theodor, B. Schlickenrieder, Dieuze 1908 – 11
- 1. Battr. 8. Kngl. Bayr. Feld Art. Rgt. Nürnberg 1910-12,Reservist Oesper, Kaiser Porz.
- Kgl. bayr. Inft.Reg. Hartmann, 5. Comp. Nürnberg 1912/1, Kaiser Porz.
- Luftschifferbataillon Nr. 4, Friedrichshafen, 6. Staffel, Reservist Arndt
- Württ. Pionier-Bat. Nr.13, 3. Komp., Ulm 1912-14(kein Name)
- Drag. Regt. (2. Württ.) No. 26 1. Esk. Stuttgart, Georg Frank (Der Jahrgangfehlt)
- 10. Komp. 2. Thür. Inft. Regt. B. Schlickenrieder
7.) Fehlende Angaben auf dem Reservistenkrug
Auf einem Reservistenkrug sollten folgende Angaben stehen: Name, Einheit, Garnison und Dienstzeit. Falls eine dieser Angaben fehlt ist eine eingehende Prüfung oder ein Gespräch mit einem Experten empfehlenswert.
8.) Herstellerangaben und Ursprungsland bei Reservistenkrug Kopien:
- Qualitätsporzellan Dr. Merkle Atelier handkoloriert - Germany
- W. Kaiser, Germany
- GERZ EXCLUSIV
- BMF
- Merkle Atelier
- Bayreuther Waldsassen
- Porzellanmanufaktur Josef Obermaier
- Rheinische Porzellan Fabrik in Mannheim
- Angabe des Ursprunglandes:
- Angaben wie GERMANY oder WESTERN GERMANY sind erst nach 1945 gebräuchlich, d .h. es ist kein Original Reservistenkrug aus der Zeit.
9.) Post Editionen
- Die Deutsche Post Collection hat im Jahr 2000 und auch danach einige Museumskrüge nach alten Vorlagen (Museumsreplikate) in nummerierten Auflagen von je 2.000 Stück herausgebracht, welche einem echten Reservistenkrug zum Verwechseln ähnlich sehen. Es handelt sich um folgende Ausgaben:
- Museumskrug Nr. 10 „Hohenzollern“: Porzellan-Krug des Res. Bethe, von der S. M. Yacht Hohenzollern und b. d. 1. Comp. II. Werft Div. Deckel mit auffliegendem Adler, Drücker mit Ornamenten.
- Museumskrug Nr. 7: Telegrafen-Batl. No.1 Berlin 1. Komp.1910/12, Hermann Elson, Keramik, flacher Deckel, Drücker: plastischer auffliegender Adler.
- Museumskrug No. 4: Krug aus Feinsteinzeug mit Salzglasur, K. b. Telegrafen – Batl. München, 2. Komp. 1910-12, mit Namensleisten aber ohne Inhaber Namen, Deckel mit den bayr. Landeswappen, Drücker: stehendes Münchner Kindl. Am Krugboden ist die Beschreibung unter der Glasur angebracht.
- Museumskrug No. 3: Porzellan-Krug vom Pionier Hagen, „Hoch leben die ersten Reservisten der Telegrafenkompagnie 1902 München, gestufter Zinndeckel mit Ornamenten verziert, Drücker: 2 Enzianblüten an einen Stab gebunden. Die Abbildungen wurden im Umdruckverfahren hergestellt. Auf der Innenwand des Krugbodens ist die Beschreibung unter der Glasur angebracht. Achtung: Da dieser Krug einem Original sehr ähnlich ist, wurde bereits ein Krug in einem Auktionshaus für mehr als 500,-- € versteigert. Bei diesem Krug war aber ein Reservistenkrugdeckel montiert und die Beschreibung an der Innenwand des Krugbodens überspritzt. Da der Name „Pionier Hagen“ immer gleich ist, kann die Fälschung einwandfrei identifiziert werden. Die Lithophanie zeigt ein Portrait von König Ludwig II.
10.) Frühe Kopie eines China Reservistenkrugs
Die Rheinische Porzellan Fabrik in Mannheim fertigte zwischen 1920 und 1933 einige sehr schöne China – Reservistenkrug Kopien in unterschiedlichen Variationen. Ich kann 2 Varianten beschreiben:
- 1.) Oberes Schriftband:Ostasiatisches Marine - Detachmet (hier fehlt das n!) plastische vergoldete Kaiserkrone III. Seebataillon Marine – Infanterie, Unteres Schriftband: Tsingtau Kiautschou CHINA 1900 Peking Tientsin Die Vorderseite zeigt den Eingang zur verbotenen Stadt in Peking und darüber einen Adler mit Kaiserkrone, welcher den chinesischen Drachen angreift. Links fahren drei Kriegsschiffe hintereinander und darüber ist die Rückseite der China Gedenkmünze abgebildet. Rechts daneben sieht man zwei Matrosen mit der Reichskriegsflagge. Auf der rechten Seite marschieren zwei Marinesoldaten mit der preußischen Flagge und im Hintergrund ist die chinesische Mauer zu sehen. Darüber ist die Vorderseite der China Gedenkmünze abgebildet. Auf dem oberen Henkelteil sind drei rote chinesische Schriftzeichen angebracht. Im Krugboden steht unter dem Firmenzeichen in Sütterlinschrift: Stahlstich und Entwurf B. Hopf 1901. Der weiße Henkel ist in der Art eines großen D geformt und hat in der Mitte eine Ausbuchtung. Unter dem unteren Schriftband ist eine Wulst mit Eichenblättern und den preußischen Farben schwarz/weiß/rot.
- 2.) Der zweite Porzellankrug trägt an der oberen Wulst die preußischen Farben. Darunter eine Schriftband: Tsingtau Marine – Infanterie. Die weitere Bebilderung ist gleich wie auf dem ersten Krug. Der Porzellan Rohling stammt aber augenscheinlich von einem Artillerie – Krugrohling, denn der Henkel und die untere Krugwulst weisen den Drall von Artilleriegeschossen auf und sind vergoldet. Am Krugsockel sind links 5 chinesische Zeichen in roter Schrift aufgebracht und rechts steht Boxer Aufstand 1900 in roter Schrift. Die Innenwand des Krugbodens trägt das Firmenzeichen.
- Es gibt aber noch weitere Variationen dieses schönen Kruges, welcher aber leider kein Reservistenkrug ist, sondern eher als Erinnerungskrug zählt. Alle Krüge wurden ohne Deckel geliefert. Die Firma ist 1933 erloschen.
11.) Internetangebote und Fotos von Reservistenkrug Kopien
Wenn ich bei Internetangeboten die Worte Dachbodenfund oder Erbstück lese werde ich besonders aufmerksam, denn dies dient auf nur zur Herausstellung eines Angebots.
Tip: Wenn Sie über eine Internet Shopping Suchmaschine „preise-reservistenkrug“ eingeben finden Sie sofort eine große Auswahl an neuen Reservistenkrügen im Angebot und zur Information.
12.) Aufgetupfte Uniformknöpfe
- Manche Leute meinen, dass man mit der Hand über den Reservistenkrug fahren muss, um erhöhte Tupfer an den Uniformknöpfen zu fühlen, denn dies sei ein Zeichne, dass es sich um einen Original Reservistenkrug handelt. Dem muss ich in zweierlei Hinsicht widersprechen, denn manche Original Reservistenkrüge haben keine derartigen Merkmale aufzuweisen und es gibt heute bereits Kopien, welche diese Tupfer aufgemalt haben.
- FAZIT: Dies ist kein sicheres Kennzeichen für eine Reservistenkrug Kopie
Tip: Im Zweifelsfall einen erfahrenen Reservistenkrug Sammler oder einen Experten um Rat fragen.
In meiner mehr als 40-jährigen Sammeltätigkeit habe ich zwei große Fälscher erlebt, welche aber beide schon gestorben sind. Dabei stellen sich die Fragen, warum und wie Reservistenkrüge gefälscht wurden, und wie man diese Fälschungen erkennen kann.
Der Grund für diese Fälschungen ist ganz einfach darin zu sehen, dass man aus ganz normalen Reservistenkrügen einen sehr seltenen Krug machte, welcher nun ein Mehrfaches wert wurde. Dass dies ein sehr profitables Geschäft war braucht nicht besonders hervorgehoben werden. Wenn z. B. aus einem normalen Infanteriekrug plötzlich der Rotkreuzkrug eines Sanitäters mit einem großen roten Kreuz entsteht, oder der Marinesoldat nun zusätzlich in China gedient hat, ist das Preisniveau sofort um einige Stufen angehoben.
Wie werden Reservistenkrüge gefälscht? Leider sind die Werkstätten oder Verfahren dieser beiden Fälscher nicht bekannt, denn wer gibt schon seine Milchkühe preis. Der Fachmann erkennt diese Fälschungen jedoch auf Grund seiner langjährigen Erfahrung, durch Vergleiche mit vielen anderen Reservistenkrügen oder durch Fehler bei der Bebilderung oder bei der Beschriftung, usw. Außerdem hatte jeder Fälscher typische, charakteristische Arbeitsmerkmale.
Zur Arbeitsweise ist zu sagen, dass Beschriftungen der Reservistenkrüge entweder übermalt oder ausgeätzt wurden und mit neuen Angaben versehen wurden. Es wurden auch Bilder oder Szenen, je nach Regiment oder Verwendung, aufgemalt.
Wie kann man diese Fälschungen erkennen? Falls nicht ein gravierender Fehler bei der Beschriftung oder den Darstellungen gemacht wurde, ist es für den normalen Reservistenkrugsammler mit der Identifizierung von Fälschungen schwierig, denn man sollte dazu Vergleichsstücke haben oder die Arbeitsweise der Fälscher kennen. Deshalb ist hier bei Zweifeln der Rat eines Experten gefragt.
Der erste Fälscher, Herr G. B. aus Köln, war vor allem in den 70er und 80er Jahren aktiv. Seine Spezialitäten waren Luftschiffer-, Flieger-, und U-Boot- Reservistenkrüge, wobei entweder Keramik- und Porzellankrüge verwendet wurden.
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Anbei Fotokopien von 2 Fliegerkrügen mit folgenden Beschreibungen:
- 1.) Porzellankrug, 1. Kgl. Sächs. Flieger Bataillon 3. Comp. Großenhain 1913, Name: Dillinger, mit dem Panoramabild eines Doppeldeckers mit Doppelrädern und Gleitkufen
- 2.) Keramikkrug, Flieger Bataillon Nr. 3, 1. Komp. Cöln, 1912-14, Reservist Henze, ebenfalls mit dem gleichen Panoramabild eines Doppeldeckers mit Doppelrädern und Gleitkufen.
Der zweite Fälscher: Herr B. R. vom Bodensee, hatte mehrere Spezialitäten in seinem Fälscherrepertoire. Seine besondere Bevorzugung waren Rotkreuzkrüge von allen Waffengattungen, gerne mit einem auffallenden roten Kreuz. Dazu wurde der Reservistenkrug noch mit einer entsprechenden Beschriftung versehen. Doch einmal unterlief ihm ein gravierender Fehler, als er den echten Reservisten Glaskrug eines Sanitätsfeldwebels aus Erf urt, datiert 1909-11, in einen Schutztruppenkrug von Süd-West-Afrika umgewandelt hatte. Dabei ließ er seitlich einen Soldaten in Tropenuniform aufmalen. Als Vorlage nahm er hierzu ein Bild aus einem Zigarettenbilder Album, wobei er aber fälschlicherweise die Darstellung eines Sanitätsunteroffiziers der Schutztruppe von Deutsch - Ostafrika verwendete. Dieser Uniformfehler fiel den routinierten Sammlern sofort ins Auge, ebenso der falsche Dienstgrad. Mir ist bekannt, dass er diese bereits zu einem hohen Preis verkaufte Fälschung wieder zurücknehmen musste. Die Fälschung ist auch bis heute nicht mehr aufgetaucht.
Weitere Fälschungen wurden gemacht indem er auf den Reservistenkrügen Ergänzungen über Lehrgangsteilnahmen oder den Besuch von Militärschulen und Militäranstalten und den Gardestern anbringen ließ um so den Preis zu steigern. Als er in meiner Sammlung den Reservistenkrug eines Schullehrers mit entsprechender Abbildung gesehen hatte, ließ er einen ähnlichen Krug anfertigen. Gegen Ende 2011 wurde auch diese Tätigkeit durch seinen plötzlichen Tod beendet.
Nachstehend einige Beispiele: